Datum: 

Veräußerungsgewinne bei doppelstöckigen Personengesellschaften in der Gewerbesteuer

Die Besteuerung von doppelstöckigen Personengesellschaftsstrukturen ist bei der Veräußerung von Mitunternehmeranteilen vor allem dann äußerst komplex, wenn Anteile an der Oberpersonengesellschaft veräußert werden, stille Reserven jedoch im Betrieb der Unterpersonengesellschaft vorhanden sind. Denn dem Veräußerer entsteht ein Veräußerungsgewinn aus seiner Mitunternehmerschaft, der sich aus Ober- und Unterpersonengesellschaft mit jeweils eigenem Betriebsvermögen zusammensetzt. Vor diesem Hintergrund hatte der BFH in seinem Urteil vom 08.05.2025, Az. IV R 40/22 u.a. die Frage zu klären, ob ein solcher Veräußerungsgewinn auf den Gewerbeertrag von Ober- und Unterpersonengesellschaft
aufzuteilen ist.

Im Streitfall hielt eine Kommanditgesellschaft (A KG) Beteiligungen an diversen anderen Kommanditgesellschaften, die ganz überwiegend Krankenhäuser und Kliniken betrieben. Kommanditisten der A KG waren eine GmbH zu 90,5 % und eine Stiftung zu 9,5 %. Die Stiftung war zudem an der GmbH zu 90,1 % beteiligt. Im Jahr 2010 brachte die Stiftung ihre Beteiligung an der A KG zu Buchwerten in die GmbH gegen Ausgabe neuer Anteile ein (§ 20 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Im Jahr 2013 wurde das Stiftungsvermögen, darunter auch die GmbH-Beteiligung, auf eine im Drittland lebende natürliche Person übertragen.

Das Finanzamt setzte daraufhin rückwirkend für das Jahr 2010 einen sog. Einbringungsgewinn I gem. § 22 Abs. 1 Satz 6 Nr. 6 UmwStG an, da im Hinblick auf die im Drittland lebende natürliche Person die an eine Ansässigkeit in EU oder EWR gekoppelten Voraussetzungen gem. § 1 Abs. 4 UmwStG nicht (mehr) vorlagen. Dieser Einbringungsgewinn I war nach Auffassung des Finanzamts auch auf Ebene der Gewerbesteuer zu berücksichtigen. Das Finanzgericht München und der BFH sahen dies genauso.

Gewerbesteuerrechtlich gehört der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (hier: Einbringungsgewinn I als Gewinn i.S.v. § 16 EStG) nach § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG zum Gewerbeertrag, soweit er nicht auf eine natürliche Person als unmittelbar beteiligten Mitunternehmer entfällt. Hierbei ist vorliegend jedoch nicht auf die im Drittland lebende natürliche Person abzustellen, sondern auf die (körperschaft- und gewerbesteuerpflichtige) Stiftung als Einbringende im Zeitpunkt der ursprünglichen Einbringung, da der Einbringungsgewinn I rückwirkend im Zuge und damit im Wirtschaftsjahr der Einbringung entsteht.

Für den Fall doppelstöckiger Personengesellschaften hatte der BFH bereits entschieden, dass bei der Veräußerung des Anteils an der Oberpersonengesellschaft der Veräußerungsgewinn nur auf deren Ebene festzustellen ist. Ergänzend spricht er sich nun dafür aus, dass es sich bei dem Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils (vorliegend in Form eines Einbringungsgewinns I) im Fall doppelstöckiger Personengesellschaften um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang (und nicht um mehrere Veräußerungen) handelt und somit keine „Durchstockung“ des Veräußerungsgewinns erfolgt. Denn § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG enthält keine Anhaltspunkte für eine (teilweise) Zurechnung des Veräußerungs- oder Aufgabegewinns zum Gewerbebetrieb der Unterpersonengesellschaft; eine solche wäre vor allem bei mehrstöckigen Strukturen auch sehr fehleranfällig und damit wenig praktikabel. Werden also Anteile an einer Oberpersonengesellschaft veräußert, vollzieht sich die dadurch bewirkte Einkunftserzielung allein auf der Ebene der Oberpersonengesellschaft. Die Unterpersonengesellschaft ist in dieser Situation weder Subjekt noch Gegenstand des Veräußerungsvorgangs; weder die Unterpersonengesellschaft noch ihre Gesellschafterin (Oberpersonengesellschaft) erzielen einen Veräußerungserlös.

Deshalb unterliegt der Gewerbeertrag der Oberpersonengesellschaft im Hinblick auf den bei ihr zu erfassenden Veräußerungs- oder Einbringungsgewinn auch insoweit nicht der gewerbesteuerlichen Kürzung gem. § 9 Nr. 2 GewStG, als er auf stille Reserven der Unterpersonengesellschaft entfällt. Gleichfalls ist eine für die Unterpersonengesellschaft geltende Steuerbefreiung (vorliegend: § 3 Nr. 20 Buchst. b GewStG) nicht (teilweise) auf den bei der sachlich selbst nicht begünstigten Oberpersonengesellschaft anfallenden Veräußerungs- oder Einbringungsgewinn anzuwenden.

Hinweis:

Mit diesem und dem parallel ergangenen Urteil IV R 9/23 hat der BFH einige praxisrelevante Fragen geklärt, wie der Gewinn aus der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils i.S.d. § 7 Satz 2 Nr. 2 GewStG im Fall doppelstöckiger Personengesellschaften zu behandeln ist. Zudem kann der BFH im Revisionsverfahren X R 8/24 klären, ob § 22 Abs. 6 UmwStG dahin auszulegen ist, dass im Falle einer unentgeltlichen Rechtsnachfolge ein durch den Rechtsnachfolger ausgelöster Einbringungsgewinn I fiktiv als Gewinn des Rechtsnachfolgers statt als Gewinn des ursprünglich Einbringenden gilt.

Dieser Artikel wurde verfasst von

Roland Speidel
Steuerberater, Rechtsanwalt, Director, National Office Tax & Legal