Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin
Geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin
Ob bzw. unter welchen Voraussetzungen eine geschäftsleitende Holding-Personengesellschaft als Organträgerin im Rahmen einer ertragsteuerlichen Organschaft in Betracht kommt, beurteilen Rechtsprechung und Finanzverwaltung seit Jahren unterschiedlich, sodass es immer wieder entsprechende Auseinandersetzungen über die insoweit maßgeblichen Anforderungen gibt. Nunmehr hatte der BFH erneut einen solchen Streitfall zu entscheiden und mit Urteil vom 27.11.2024 (Az. I R 23/21) seine bisherige Rechtsauffassung bestätigt.
Im Rahmen einer mehrstufigen Umstrukturierung im Jahr 2008 übernahm eine Kommanditgesellschaft (KG) sämtliche Anteile an einer operativen GmbH und gleichzeitig auch den zwischen dieser und ihrer bisherigen Alleingesellschafterin geschlossenen Ergebnisabführungsvertrag. Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt die körperschaftsteuerliche Organschaft nicht mehr an, da die im Wege der Ausgliederung entstandene KG im Streitjahr noch keine eigene gewerbliche Tätigkeit aufgenommen habe. Dies entschieden Finanzgericht und BFH anders.
Eine Personengesellschaft kann nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG nur Organträger einer Organschaft sein, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit (i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG) ausübt. Eine bloß vermögensverwaltende Personengesellschaft reicht also unstreitig nicht aus, um die Organträgereigenschaft zu begründen. Allerdings stellt der BFH zum einen ausdrücklich fest, dass die gewerbliche Tätigkeit von der Personengesellschaft zwar selbst ausgeübt werden, aber nicht schon zu Beginn des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft vorliegen muss. Insofern ist die Errichtung der KG im Wege einer Ausgliederung unbeachtlich, wenn sie nach ihrer Entstehung dann entsprechend tätig war.
Andererseits bestätigt der BFH seine ständige Rechtsprechung, wonach eine gewerbliche Tätigkeit der Organträger-Personengesellschaft auch in der Tätigkeit als geschäftsleitende Holding bestehen kann. Dies kann sich wirtschaftlich in einer durch äußere Merkmale (z.B. Weisungen, Empfehlungen, Besprechungen oder Beratungen) erkennbaren einheitlichen Leitung über die Organgesellschaften widerspiegeln. Eine nur stillschweigende Leitung aus einer weitgehenden personellen Verflechtung der Geschäftsführungen der jeweiligen Unternehmen reicht nicht aus. Ebenso geht eine Tätigkeit über eine rein vermögensverwaltende hinaus, wenn sie nicht nur das Halten und Verwalten von Beteiligungen durch die Ausübung von Gesellschafterrechten umfasst, sondern die geschäftsleitende Holding planmäßig Unternehmenspolitik betreibt oder auf andere Weise einen entscheidenden Einfluss auf die laufende Geschäftsführung der Tochtergesellschaften ausübt.
Soweit die Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 10.11.2005) an die gewerbliche Tätigkeit einer Organträger-Personengesellschaft zusätzliche Anforderungen stellt und eine eigene gewerbliche Tätigkeit voraussetzt, die über jene als geschäftsleitende Holding hinausgeht, zum Beispiel durch die Erbringung entgeltlicher Dienstleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften, folgt dem der BFH ausdrücklich nicht. Zum einen ergeben sich aus Wortlaut und Verweisen der maßgeblichen Vorschriften keine einschränkenden Anhaltspunkte. Ebenso wenig läuft bei dieser Auslegung die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 2 KStG typischerweise leer, da gerade nicht jede Obergesellschaft die Anforderungen an eine geschäftsleitende Holding erfüllt. Denn zwischen der rein vermögensverwaltenden Ausübung von Gesellschafterrechten und der gewerblichen Tätigkeit durch Ausübung einer einheitlichen Leitung besteht ein erheblicher Unterschied.
Unter Bezugnahme auf Geschäftsführungsprotokolle und darin niedergelegten strategischen Maßnahmen hatte die Vorinstanz eine ausreichende eigene gewerbliche Tätigkeit der KG angenommen. Da dies eine mögliche, nachvollziehbare und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstoßende Auslegung darstellte, war der BFH daran gebunden. Die KG war deshalb auch als (nur) geschäftsleitende Holding als Organträgerin geeignet.
Hinweis:
Die Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung ist für die Praxis ein positives Zeichen und stellt die mögliche Organträgereigenschaft einer geschäftsleitenden Holding-Personengesellschaft ausdrücklich fest. Ob die Finanzverwaltung ihre Auffassung entsprechend anpasst, bleibt abzuwarten. Hilfreich ist zudem, dass der BFH die von ihm aufgezeigten Kriterien einer geschäftsleitenden Holding ausdrücklich nicht als festen Katalog versteht, die kumulativ vorliegen müssen, sondern lediglich als Indizien, die im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Damit bleiben in der Praxis wie bspw. in Konstellationen zur Abschirmung gegen die Wegzugsbesteuerung gewisse Spielräume für die Ausgestaltung einer als Organträgerin eingesetzten Holding-Personengesellschaft.