IDW positioniert sich zur Bilanzierung von sog. Klimaschutzverträgen

Aktueller Anlass

Der Fachausschuss Unternehmensberichterstattung (FAB) des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e.V. (IDW) hat in seiner 279. Sitzung - zuvor durch die Arbeitskreise HGB-Rechnungslegung und IFRS-Rechnungslegung vorbereitete - Ausführungen zur Bilanzierung von Klimaschutzverträgen in handelsrechtlichen Jahres- bzw. Konzernabschüssen sowie IFRS-Abschlüssen verabschiedet. In Heft 4/2025 der Zeitschrift IDW Life wurden diese Ausführungen in Form einer Kurzberichterstattung veröffentlicht.

Was ist ein Klimaschutzvertrag?

Vertragspartner eines Klimaschutzvertrags sind der deutsche Staat mit jeweils einem bestimmten Unternehmen, das in einem vorhergehenden Auswahlverfahren den „Zuschlag“ erhalten hat (stark vereinfacht: welches Unternehmen bietet eine möglichst hohe Treibhausgaseinsparung für einen bestimmten Förderbetrag an). Ziel dieses staatlichen Eingriffs in den Markt ist es, einen Anreiz zu schaffen, dass Unternehmen ihre Produktion von einem konventionellen (treibhausgasemissionsintensiven) Verfahren auf ein klimaschonenderes, aber mglw. „kostspieligeres“ Verfahren umstellen. 

Der Anreiz besteht in staatlichen Zuwendungen für etwaige mit der Umstellung einhergehende, bestimmte anfängliche Mehraufwendungen. Während der regulären, 15-jährigen Laufzeit eines solchen Klimaschutzvertrags können sich die Kosten-/Preisverhältnisse umkehren, was Zahlungen in umgekehrter Richtung, also von einem Unternehmen an den Staat, zur Folge hat (sog. Überschusszahlungen). Dem Ganzen liegt die Richtlinie zur Förderung von klimaneutralen Produktionsverfahren in der Industrie durch Klimaschutzverträge des BMWK vom 11.03.2024 zugrunde. Die Veröffentlichung des IDW beschreibt weitere Details eines solchen Klimaschutzvertrages, u.a. zur jährlichen Berichterstattung der Unternehmen über ihre Emissionen und Energieeffizienz sowie zur behördlichen Prüfung dieses Berichts. 

Die Regularien sehen jährliche Zuwendungs-Zahlungen des Staates an das Unternehmen oder eben Überschusszahlungen durch das Unternehmen an den Staat vor, anknüpfend an den Bericht und dessen Prüfung. Bemerkenswert ist, dass die Höhe der Summe der Überschusszahlungen die Höhe der Summe der (zuvor) empfangenen Zahlungen überschreiten kann. Das IDW nimmt auf die Regelungen zur Ermittlung der Höhe der jeweiligen Zahlung Bezug. U.U., bspw. wenn Unternehmen vertraglich bestimmte Zielwerte verfehlen, können überdies Vertragsstrafen ausgelöst werden, die die Summe der Zuwendungen ebenfalls überschreiten können.

Aus einem Klimaschutzvertrag ergeben sich also Rechte und Pflichten für das jeweilige Unternehmen: 

  • (klimaschonende) Produktion unter mengenmäßigen und energiebezogenen Spezifikationen, 
  • Berichtspflicht, 
  • Anspruch auf Zuwendung oder 
  • Verpflichtung zu Überschusszahlungen. 

Diese Rechte und Pflichten entstehen kalenderjährlich. 

Bilanzierung in handelsrechtlichen Abschlüssen

Aufgrund der Ausstattungsmerkmale eines Klimaschutzvertrags (insbesondere des Umstands, dass das zuwendungsempfangende Unternehmen möglicherweise höhere Zahlungen an den Staat zu leisten hat, als es erhält) trägt IDW St/HFA 1/1984 nicht zur Lösung von Bilanzierungsfragen im Zusammenhang mit Klimaschutzverträgen bei. Das IDW formuliert es so, dass Klimaschutzverträge aus dem Anwendungsbereich dieser Stellungnahme herausfallen. Folglich muss die Lösung etwaiger Fragen zu Ansatz, Bewertung und Ausweis in handelsrechtlichen Abschlüssen auf den allgemein geltenden Bilanzierungsgrundsätzen (also Gesetz und dessen Auslegung) basieren.

Als schwebendes Geschäft entfaltet ein Klimaschutzvertrag bei Vertragsabschluss zunächst noch keine bilanziellen Auswirkungen. Soweit in einem Kalenderjahr das zuwendungsempfangende Unternehmen dem ihm Obliegenden nachkommt, hat es einen Anspruch auf staatliche Zuwendungen für das abgelaufene Kalenderjahr, den es grds. ertragswirksam zu aktivieren hat. Wurden demgegenüber für das Kalenderjahr die Voraussetzungen einer Überschusszahlung verwirklicht, ist die sich aus dem Klimaschutzvertrag ergebende Verpflichtung in voller Höhe aufwandswirksam zu passivieren. 

Unzulässig wäre es, die Vertragslaufzeit insgesamt zu betrachten und die erwartete Summe der Zuwendungen abzüg-lich Summe der Überschusszahlungen schon zu Beginn der Vertragslaufzeit zu aktivieren. Zu Beginn oder zu einem späteren Zeitpunkt der Vertragslaufzeit können allerdings die Tatbestandsmerkmale einer Drohverlustrückstellung (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Var. 2 HGB) verwirklicht werden, die dann zum Ansatz kommen muss. Daneben kann der Ansatz einer Verbindlichkeitsrückstellung (§ 249 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 HGB) für Vertragsstrafen geboten sein. Das IDW geht auch auf bilanzielle Ausweisfragen (sonstiger Vermögensgegenstand, sonstige Verbindlichkeit, sonstige Rückstellung) sowie auf Ausweisfragen in der Gewinn- und Verlustrechnung (sonstiger betrieblicher Ertrag, Materialaufwand, sonstiger betrieblicher Aufwand, Herstellungskosten der zur Erzielung der Umsatzerlöse erbrachten Leistungen) ein.

Ob es sich bei einem Klimaschutzvertrag um ein Derivat handelt, ist (mangels gesetzlicher Definition) nicht eindeutig und das IDW lässt dies bei seinen Ausführungen zu Ansatz, Bewertung und Ausweis zunächst dahinstehen, weil die materiellen Rechtsfolgen sich nicht unterscheiden würden. Die Qualifikation als Derivat hat lediglich für die Darstellung im Anhang Bedeutung, weshalb das IDW an dieser Stelle seiner Ausführungen empfiehlt, für den Fall eines zum Abschlussstichtag für die verbleibende Vertragslaufzeit positiven beizulegenden Zeitwerts des Klimaschutzvertrags Anhangangaben nach § 285 Nr. 19 HGB zu machen (nicht zum beizulegenden Zeitwert bilanzierte derivative Finanzinstrumente), die bei einer Qualifikation als Derivat sogar geboten wären.

Wenn die Erträge bzw. Aufwendungen aus einem Klimaschutzvertrag von außergewöhnlicher Bedeutung i.S.v. § 285 Nr. 31 HGB sind, was regelmäßig der Fall sein dürfte, sind deren Betrag und Art im Anhang anzugeben.

Bilanzierung in IFRS-Abschlüssen

Das IDW befasst sich in seiner Sitzungsberichterstattung auch mit der Bilanzierung nach IFRS, worauf an dieser Stelle – ohne die Ausführungen wiederzugeben - verwiesen wird.

Ausblick

Ob die neue Bundesregierung diese wirtschafts- und klimapolitische Maßnahme fortführen, also weitere Klimaschutzverträge mit Unternehmen abschließen wird, ist nicht bekannt oder absehbar. Wegen der noch langen Laufzeiten der bisher abgeschlossenen Klimaschutzverträge wird diese Thematik aber in jedem Fall noch mehrere Jahre relevant bleiben.

Im Übrigen wird es vermutlich auch zukünftig staatliche Maßnahmen geben, mit denen die Verbreitung klimafreundlicher Technologien unterstützt wird. Ob sich aus vorstehend wiedergegebenen Ausführungen des IDW dann Hinweise zur Bilanzierung dieser Maßnahmen ableiten lassen, ist jedenfalls grds. vorstellbar. Die Auseinandersetzung mit der Bilanzierung von Klimaschutzverträgen hat – wie schon die Auseinandersetzung mit der Bilanzierung staatlicher Förderprogramme im Zusammenhang mit Zuwendungen anlässlich der Corona-Pandemie und des Ukrainekriegs – vor Augen geführt, welche Bedeutung staatliche Zuschussprogramme haben und dass die schon „in die Jahre gekommene“ Stellungnahme IDW St/HFA 1/1984 „Bilanzierungsfragen bei Zuwendungen, dargestellt am Beispiel finanzieller Zuwendungen der öffentlichen Hand“ einer Aktualisierung bedarf. Es ist zu erwarten, dass das IDW diese Stellungnahme demnächst überarbeiten wird, damit sie für zukünftige Förderprogramme passende Lösungswege aufzeigt.