Switch-over-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG erfordert Mehrheitsbeteiligung an Auslandsgesellschaft
Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte einer in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtigen Person an, die aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Besteuerung auszunehmen sind und als sog. Zwischeneinkünfte i.S.d. Außensteuergesetzes steuerpflichtig wären, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, regelt § 20 Abs. 2 AStG, dass die Doppelbesteuerung insoweit nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden ist. Durch diese sog. Switch-over-Klausel soll verhindert werden, dass die mit der Hinzurechnung von Einkünften ausländischer Zwischengesellschaften bezweckte Abschöpfung sog. passiver Einkünfte (§§ 7 ff. AStG) umgangen wird, indem im niedrig besteuernden Ausland Betriebsstätten anstelle von Kapitalgesellschaften zwischengeschaltet werden.
Für diesen Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode nach § 20 Abs. 2 AStG setzt die Finanzverwaltung keine mehrheitliche Beteiligung an einer im Ausland belegenen Personengesellschaft, die über eine ausländische Betriebsstätte verfügt, voraus. Diese Auffassung ist umstritten, da die fiktiv zu prüfende Hinzurechnung von Einkünften einer ausländischen Kapitalgesellschaft erfordert, dass die unbeschränkt steuerpflichtige Person jene Gesellschaft beherrscht, an ihr also zu mehr als der Hälfte beteiligt ist (§ 7 Abs. 1 und 2 AStG). Vor diesem Hintergrund ist der BFH in seinem Urteil vom 08.04.2025, Az. IX R 32/23, der sehr praxisrelevanten Rechtsfrage nachgegangen, ob die Anwendung der Switch-over-Klausel des § 20 Abs. 2 AStG bei einer Beteiligung an einer ausländischen Personengesellschaft im niedrig besteuernden Ausland ebenfalls ein Mehrheitserfordernis voraussetzt.
Im Streitfall war eine deutsche Kapitalgesellschaft zu 30 % und damit nicht mehrheitlich an einer in den USA ansässigen Personengesellschaft beteiligt. Diese Gesellschaft erzielte Gewinne aus der internationalen Vergabe von Lizenzen. Lizenznehmer waren nicht in den USA ansässige Unternehmen, die zum Teil zum eigenen Konzern gehörten und zum Teil außerhalb dieses Konzerns standen. Die daraus resultierenden Gewinne wurden der deutschen Kapitalgesellschaft im Umfang ihrer Gesellschaftsbeteiligung zugerechnet. In den USA zahlte sie hierauf aufgrund einer Steuerfreistellung für die Lizenzeinnahmen, die von Unternehmen des eigenen Konzerns erbracht wurden, nur geringe Steuern. Das in den Streitjahren 2007 bis 2009 geltende Abkommen zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung zwischen den USA und Deutschland sah vor, dass Gewinne aus ausländischen Betriebsstätten in Deutschland von der Steuer freizustellen waren. Unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 2 AStG unterwarf das Finanzamt die Auslandsgewinne im Hinblick auf die in den USA teilweise steuerfrei gestellten Lizenzeinkünfte aber vollständig der deutschen Körperschaftsteuer und rechnete hierauf die in den USA gezahlte Steuer an.
Sowohl das Finanzgericht Düsseldorf als auch der BFH entschieden, dass vorliegend die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 AStG nicht erfüllt waren, da die deutsche Kapitalgesellschaft nur zu 30 % und damit nicht mehrheitlich an der in den USA ansässigen Personengesellschaft, die über eine ausländische Betriebsstätte verfügt, beteiligt war. Dies wird mit dem Wortlaut des § 20 Abs. 2 AStG und dessen systematischer Einbettung in den Zusammenhang der §§ 7 ff. AStG begründet. Daneben käme dem mit § 20 Abs. 2 AStG verfolgten Zweck, ein Umgehen der Hinzurechnungsbesteuerung für den Fall zu verhindern, dass im niedrig besteuernden Ausland eine Betriebsstätte statt einer Kapitalgesellschaft zwischengeschaltet wird, überschießende Wirkung zu, wenn man auf das Erfordernis der Beherrschung der Personengesellschaft verzichten würde. Denn die Regelung des § 20 Abs. 2 AStG zielt auf eine außensteuerrechtliche Gleichstellung ausländischer Betriebsstätten mit ausländischen Kapitalgesellschaften ab.
Daher ist es nach Auffassung des BFH für die Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG erforderlich, dass die inländische unbeschränkt steuerpflichtige Person, also im Streitfall die deutsche Kapitalgesellschaft, die ausländische Personengesellschaft rechtlich oder tatsächlich beherrscht. Anderenfalls würden selbst Kleinstbeteiligungen zur Anwendung des § 20 Abs. 2 AStG führen, obwohl dies im wirtschaftlich vergleichbaren Fall einer zwischengeschalteten ausländischen Kapitalgesellschaft ausgeschlossen wäre.
Hinweis:
Mit seiner Entscheidung stellt sich der BFH ausdrücklich gegen die Ansicht der Finanzverwaltung. Es bleibt abzuwarten, ob sie sich der Auffassung des BFH anschließen oder mit einer gesetzlichen Anpassung in § 20 Abs. 2 AStG reagieren wird. Vor dem Hintergrund, dass eine mögliche Gesetzesänderung auch europarechtlichen Grundsätzen standhalten muss, käme ggf. eine Beschränkung auf Drittlandsfälle in Betracht.