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Keine nochmalige Einzahlung von geleistetem Nennkapital bei wirtschaftlicher Neugründung

Um die nicht steuerbare Einlagenrückgewähr von grundsätzlich steuerpflichtigen Gewinnausschüttungen trennen zu können, hat eine unbeschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaft gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 KStG die nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen am Schluss jedes Wirtschaftsjahres auf dem steuerlichen Einlagekonto auszuweisen. Das durch Einlagen erbrachte (echte) Nennkapital – bei Rückzahlung ebenfalls nicht steuerbar – ist dagegen in der Handelsbilanz als solches auszuweisen und daher nicht gesondert festzustellen. Vor diesem Hintergrund hatte der BFH mit Urteil vom 25.02.2025 (Az. VIII R 22/22) im Fall einer wirtschaftlichen Neugründung einer nahezu vermögenslosen Kapitalgesellschaft zu klären, ob die durch den neuen Alleingesellschafter geleistete Einlage als Nennkapital oder im steuerlichen Einlagekonto zu erfassen ist.

Im Streitfall verfügte eine bilanziell und wirtschaftlich weitgehend entleerte AG zum 31.12.2017 unter anderem über ein gezeichnetes Kapital in Höhe von EUR 50.000, von dem 75 % noch ausstanden. Im Jahr 2018 erwarb ein neuer Alleingesellschafter sämtliche nennwertlosen Stückaktien der AG. Neben der Änderung der Satzung, der Firma, des Firmensitzes und des Unternehmensgegenstandes wurde eine wirtschaftliche Neugründung zum Handelsregister angemeldet. Diese Anmeldung enthielt die Versicherung, dass die AG mindestens über ein Gesamtvermögen in Höhe von 25 % des Grundkapitals (EUR 12.500) verfüge und diese zur freien Verfügung des Vorstands stehe. Zur Erfüllung dieser kapitalbezogenen Anforderungen hatte der neue Alleinaktionär einen Betrag in Höhe von EUR 12.500 unter dem Verwendungszweck „Einlage 25 Prozent Stammkapital“ auf das Girokonto der AG überwiesen. Das Finanzamt stellte diese Einzahlung nicht im Bestand des steuerlichen Einlagekontos zum 31.12.2018 fest, sondern behandelte sie als nochmals in das Nennkapital der AG geleistet. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Dem folgte der BFH.

Eine durch Einlageleistung der ursprünglichen Gründer einer AG bereits erloschene Einlageforderung lebt auch im Fall der wirtschaftlichen Neugründung der Gesellschaft nicht wieder auf: Zwar muss eine AG nach der Übernahme aller Aktien durch die Gründer im Zuge der Errichtung vor Anmeldung zum Handelsregister einen Teil der Einlage von den Aktionären einfordern, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind. Daraufhin sind die Aktionäre verpflichtet, die geschuldete und eingeforderte Einlage zur freien Verfügung des Vorstands einzuzahlen, um dem Gläubigerschutz zu genügen. Hierdurch bewirken die Aktionäre eine Einzahlung in das Nennkapital der AG und bringen die Einlageforderung der Gesellschaft in Höhe der geleisteten Einlage zum Erlöschen. Dies war nach Ansicht des BFH vorliegend bereits mit Einzahlung durch die ursprünglichen Gründer von 25 % (EUR 12.500) in das Nennkapital der AG erfolgt. Diese ursprüngliche Einzahlung in das Nennkapital bleibt als solche – ebenso wie die noch ausstehenden Einlagen in Höhe von EUR 37.500 – auch im Fall der wirtschaftlichen Neugründung bestehen und ist weiterhin bilanziell unverändert auszuweisen. Da keine Veranlassung bestand, auf die noch ausstehenden Einlagen zu leisten, und die AG dies nicht eingefordert hatte, war die Kapitalzuführung des neuen Alleinaktionärs als Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB zu erfassen, was eine Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos bewirkt. Unschädlich war unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls insoweit die Falschbezeichnung der Zahlung im Verwendungszweck „Einlage 25 Prozent Stammkapital“. Der neue Alleinaktionär wollte damit erkennbar nur die Voraussetzungen für die Handelsregistereintragung der wirtschaftlichen Neugründung erfüllen.
 

Hinweis:

Die Einordnung seiner Zahlung als bloße Kapitalzuführung verbunden mit der Erhöhung des steuerlichen Einlagekontos hat für den Gesellschafter wesentliche Auswirkungen. Denn wie das Nennkapital könnte nun – unter Beachtung der Verwendungsreihenfolge – das mit der weiteren Einzahlung gebildete steuerliche Einlagekonto i. H. von 12.500 € ebenfalls ertragsteuerfrei zurückgezahlt werden.

Dieser Artikel wurde verfasst von

Roland Speidel
Steuerberater, Rechtsanwalt, Director, National Office Tax & Legal