Unterhält ein ausländisches Unternehmen eine Betriebsstätte in Deutschland, muss der Gewinn des Unternehmens zwischen dem Stammhaus im Ausland und der Betriebsstätte im Inland aufgeteilt werden. Dazu wird die Betriebsstätte wie ein selbständiges Unternehmen betrachtet. Die Verordnung zur Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Betriebsstätten nach § 1 Abs. 5 des Außensteuergesetzes (BsGAV) konkretisiert diese Selbständigkeitsfiktion und gibt Regelungen vor, die bei der Gewinnaufteilung zu berücksichtigen sind.
Vor diesem Hintergrund sind zwei Entscheidungen des BFH vom 18.12.2024 (Az. I R 45/22 und I R 49/23) zu ungarischen Kapitalgesellschaften ergangen, die in Deutschland eine Betriebsstätte (Bau- und Montagearbeiten bzw. Fleischzerlegung) unterhielten. Beide Betriebsstätten waren für die gesamte Leistungserbringung selbst verantwortlich und führten eine eigenständige Gewinnermittlung durch. Die Finanzverwaltung ermittelte ohne weitere Prüfung der vorgelegten Gewinnaufteilung den Gewinn der Betriebsstätten als „Routinetätigkeiten“ auf Grundlage einer kostenbasierten Verrechnungspreismethode nach den Regelungen der BsGAV.
Demgegenüber sieht der BFH den Anwendungsbereich der BsGAV gar nicht als eröffnet an, da § 1 Abs. 5 AStG keine Gewinnermittlungsvorschrift, sondern eine Einkünftekorrekturnorm darstellt. Es handelt sich gerade nicht um eine eigenständige Generalvorschrift, nach der bei Bestehen inländischer und ausländischer Betriebsstätten stets und ohne Ermittlung der von der Betriebsstätte angewandten Methode eine (Neu-) Aufteilung des Gewinns nach den dort beschriebenen Grundsätzen zu erfolgen hätte.
Darüber hinaus stellt der BFH fest, dass die BsGAV nur Anwendung findet, wenn die Leistungsbeziehung zwischen der inländischen Betriebsstätte und dem ausländischen Stammhaus nicht fremdüblich berücksichtigt ist und dies wiederum kausal für eine Einkünfteminderung im Inland ist.
Die Urteile schränken die Anwendungsfälle der BsGAV ein. Allerdings verbleiben Unsicherheiten. Daher darf mit Spannung erwartet werden, ob die Urteile im Bundessteuerblatt veröffentlicht werden und somit Bindungswirkung für die Finanzverwaltung entfalten. Auf jeden Fall wird die eigenständige Gewinnermittlung in den Fällen gestärkt, in denen die Leistungserbringung selbstverantwortlich durch die inländische Betriebsstätte erfolgt, auch wenn dies möglicherweise erst im Klageverfahren durchgesetzt werden kann.