Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen
Entgeltliche Ablösung eines Nießbrauchs an GmbH-Anteilen
Der Nießbrauch stellt zivilrechtlich das höchstpersönliche Recht des so Berechtigten dar, anstelle des Eigentümers die entsprechenden Nutzungen des belasteten Gegenstands zu ziehen. Nießbrauchrechte sind grundsätzlich nicht auf andere natürliche Personen übertragbar, sondern erlöschen mit dem Tod des Berechtigten bzw. können durch dessen einseitige Erklärung gegenüber dem Verpflichteten oder durch formlosen Vertrag aufgehoben werden. Überträgt der Gesellschafter einer GmbH seinen Geschäftsanteil unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, behält sich der so Berechtigte zu Lebzeiten noch die hieraus resultierenden Gewinnausschüttungen vor. Aus steuerlicher Sicht sind dem Berechtigten entsprechende Einkünfte jedoch nur zuzurechnen, wenn diesem das wirtschaftliche Eigentum an dem Geschäftsanteil zusteht. Vor diesem Hintergrund hatte der BFH in seinem Urteil vom 11.02.2025 (Az. IX R 14/24) über die steuerliche Behandlung der entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs an GmbH-Geschäftsanteilen bei der Nießbrauchberechtigten zu entscheiden.
Im Streitfall halbierte die zu 49 % an einer GmbH Beteiligte ihren Geschäftsanteil und trat danach im Jahr 2012 je einen Anteil zu je 24,5 % schenkweise an ihre zwei Töchter unter Vorbehalt eines Nießbrauchs ab. Dieser umfasste die Ziehung der Nutzungen aus den Geschäftsanteilen – insbesondere des anteiligen Bilanzgewinns, nicht jedoch die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte. Aufgrund der Veräußerung der Geschäftsanteile durch die Töchter im Jahr 2019 gab die Nießbrauchberechtigte ihr Recht gegen Zahlung eines Ablösebetrags auf. Diesen unterwarf das Finanzamt bei ihr als Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 24 Nr. 1 i. V. m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG) der Besteuerung. Der hiergegen gerichteten Klage gab das FG statt. Dem folgte der BFH.
Die Zurechnung der Einnahmen aus einer solchen GmbH-Beteiligung zu dem Nießbrauchberechtigten setzt voraus, dass diesem nicht nur das zivilrechtliche, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an den unter Vorbehalt des Nießbrauchs stehenden Geschäftsanteilen zusteht. Nach der den BFH bindenden Feststellung des FG hatte die Berechtigte jedoch bereits im Jahr 2012 im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Geschäftsanteilen an ihre nießbrauchverpflichteten Töchter verloren – insbesondere aufgrund der ihnen seitdem zustehenden Ausübung der Mitgliedschaftsrechte an den GmbH-Anteilen. Einkünfte aus Kapitalvermögen lagen also im Streitfall nicht vor, denn die Nießbrauchberechtigte war nicht wirtschaftliche Eigentümerin bzw. Anteilseignerin der GmbH-Geschäftsanteile und somit auch nicht Zurechnungssubjekt der entgeltlichen Ablösezahlung des Nießbrauchs.
Dass die Dividenden für die Veranlagungszeiträume 2012 bis 2018 rechtsirrig der Nießbrauchberechtigten als Einkünfte aus Kapitalvermögen zugerechnet wurden, ändert hinsichtlich der – insoweit nicht möglichen - Einkünftezurechnung für das Streitjahr 2019 nichts. Auch nachträgliche Einkünfte in Form einer Entschädigung, die für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung gewährt würde, schieden aus. Als Gewinnbeteiligung kommen nicht schuldrechtliche, sondern nur gesellschaftsrechtliche Beteiligungen in Betracht. Die hierfür erforderliche Ausübung der Mitgliedschaftsrechte stand aber gerade nicht der Berechtigten, sondern deren Töchtern zu. Schließlich war der Ablösebetrag nicht als Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit (§ 17 i. V. m. § 24 Nr. 2 EStG) zu versteuern. Es fehlte wegen der schenkweisen Anteilsübertragung an der für die Einstufung als Veräußerungsvorgang erforderlichen Entgeltlichkeit. Die entgeltliche Ablösung des Nießbrauchs stellt bei der (zuvor) Berechtigten im Streitjahr 2019 lediglich eine nicht steuerbare Vermögensumschichtung dar.
Hinweis:
Mit dem vorliegenden Urteil betont der BFH den Grundsatz der Einheitlichkeit von wirtschaftlichem Eigentum und Einkünftezurechnung und bestätigt auch seine bisherige diesbezügliche Rechtsprechung. Schon mit Urteil vom 20.09.2024 (Az. IX R 5/24) entschied der BFH in einem ähnlich gelagerten Fall, in dem bei der Bestellung des Vorbehaltsnießbrauchs an GmbH-Anteilen neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum auf den Nießbrauchverpflichteten übergangen war, dass die zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Veräußerung der GmbH-Anteile erfolgte Ablösezahlung an den Nießbrauchberechtigten bei diesem zu nicht steuerbaren Einkünften führt.