Abzugsverbot nach § 8b KStG für Währungskursverluste bei Fremdfinanzierung bis VZ 2021


Bei der Ermittlung des Einkommens steuerpflichtiger Körperschaften bleiben unter anderem Gewinnausschüttungen und Veräußerungsgewinne aus Beteiligung an anderen Körperschaften und Personenvereinigungen außer Ansatz (§ 8b Abs. 1 und 2 KStG), um eine Besteuerung auf mehreren Beteiligungsebenen zu vermeiden. Dieser Begünstigung steht nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG ein generelles Abzugsverbot für damit zusammenhängende Gewinnminderungen gegenüber. Nach dem dort Mitte 2021 eingefügten Satz 6 gelten Währungskursverluste mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum (VZ) 2022 ausdrücklich nicht als Gewinnminderungen. Ob dies bereits nach der bis zum VZ 2021 geltenden Rechtslage in bestimmten Konstellationen so war, klärte der Bundesfinanzhof (BFH) in seinen Urteilen vom 24.04.2024 (Az. I R 11/23 und I R 41/20).

In dem einen Verfahren (Az. I R 11/23, „EU-Fall“) gewährte eine in Deutschland ansässige AG mehreren mittelbaren 100-prozentigen Tochterkapitalgesellschaften mit Sitz in Schweden jeweils ein Darlehen in Schwedischen Kronen ohne entsprechende Währungskurssicherungsgeschäfte abzuschließen. Die daraus resultierenden Zahlungsansprüche führten zu Währungskursverlusten, die die AG im Streitjahr 2009 steuerlich geltend machte. Dies versagte der BFH abschließend.

Währungskursverluste bei Fremdwährungs-Gesellschafterdarlehen mindern nach der bis VZ 2021 geltenden Rechtslage das Einkommen der darlehensgewährenden Kapitalgesellschaft grundsätzlich nicht, da sie – unter den weiteren Voraussetzungen – aufgrund des weiten Wortlauts dem sachlichen Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG unterfallen. Denn damit sollen „alle“ mit der Beteiligung zusammenhängenden Gewinnminderungen erfasst und Gestaltungen verhindert werden, bei denen durch Hingabe von Gesellschafterdarlehen anstelle von Eigenkapital das anteilsbezogene Abzugsverbot nach § 8b KStG umgangen wird. Ferner begründen nicht marktbestimmte Wertminderungen, sondern das Gesellschaftsverhältnis die Übernahme des Währungskursrisikos durch Fakturierung in einer Fremdwährung (statt in Euro).

Der BFH hält die Einbeziehung von Währungskursverlusten in den Anwendungsbereich des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG mit Wirkung bis VZ 2021 nicht für verfassungswidrig, unabhängig von der Neuregelung ab VZ 2022. Im Übrigen bestand und besteht die Escape-Klausel, wonach das Abzugsverbot für Gewinnminderungen nicht anzuwenden ist, wenn auch ein fremder Dritter das Darlehen unter sonst gleichen Umständen gewährt oder nicht zurückgefordert hätte. Da das Finanzgericht im Streitfall jedoch keine dahingehenden Feststellungen getroffen hatte, verwies der BFH die Entscheidung an das Finanzgericht zurück.
 
Hinweis:
Aufgrund der tatsächlichen Unsicherheit, ob die Anwendung des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG auf die Währungskursverluste bereits durch einen „Escape“ ausgeschlossen ist, prüfte der BFH nicht, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen die Unionsrechtskonformität der Vorschrift im Zusammenhang mit Währungskursverlusten zu versagen ist, und sah aufgrund des Verfahrensstands von einer Vorlage an den EuGH ab.

In dem anderen Verfahren (Az. I R 41/20, „Drittstaaten-Fall“) gewährte eine in Deutschland ansässige AG ihrer 100-prozentigen Vertriebs-Tochterkapitalgesellschaft (Ltda) mit Sitz in Brasilien kein originäres Gesellschafterdarlehen. Vielmehr rechnete sie ihre Forderungen aus Lieferungen und Leistungen gegenüber der Ltda in Brasilianischen Real mit einem Zahlungsziel von 90 Tagen ohne Abschluss von Wechselkurssicherungsgeschäften ab. Allerdings beglich die Ltda ihre Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung gegenüber der AG in den Jahren 2013 bis 2016 regelmäßig erst deutlich nach dem vereinbarten Zahlungsziel. Hieraus resultierte im Streitjahr 2014 per Saldo ein Währungskursverlust, den das Finanzamt bei der AG als Gewinnminderung einstufte und außerbilanziell hinzurechnete. Dem folgten Finanzgericht und Bundesfinanzhof.

Das Stehenlassen der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen stellt ein mit einem Darlehen wirtschaftlich vergleichbares Verhältnis im Sinne des § 8b Abs. 3 Satz 7 KStG a.F. dar. Denn die insoweit erforderliche Mindestlaufzeit lag mit der faktischen Stundung der Forderungen von mehr als 90 Tagen nach Fälligkeit vor. Auch diente dies einem Finanzierungszweck: der Ltda in einer wirtschaftlich angespannten Lage Liquidität zu überlassen und so ihren Finanzbedarf zu sichern. Hinsichtlich des Abzugsverbots auch bei diesen darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen in Fremdwährung bis VZ 2021 argumentiert der BFH inhaltsgleich zum oben erläuterten Verfahren (Az. I R 11/23).

Zudem sind die mit der Wahl der Fakturierung von darlehensähnlichen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen in der Landeswährung des Leistungsempfängers (statt in Euro) verbundenen Währungskursrisiken durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst. Denn der Gesellschafter kann – im Vergleich zu Eigenkapitalfinanzierungen – hierdurch auch Substanzverluste aufgrund eines realisierten Währungskursrisikos steuerlich abzugsfähig gestalten. Auch der „Escape“ ist bei Währungskursverlusten aus darlehensähnlichen Forderungen zwar grundsätzlich möglich, greift im Streitfall jedoch mangels Vergleichbarkeit mit Forderungen gegenüber fremden Dritten nicht, da diese in Euro – also ohne Währungskursrisiko – ausgewiesen wurden. Dass fremde Dritte auf die Beitreibung fälliger, in Landeswährung fakturierter Forderungen aus Lieferungen und Leistungen verzichtet hätten, war nicht nachgewiesen.  
 
Hinweis:
Ein Abzug von Währungskursverlusten im Drittstaaten-Fall ist auch nicht aus unionsrechtlichen Gründen geboten. Die gegenüber Drittstaaten geltende Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) wird aufgrund der Beteiligungsanforderungen von mehr als 25 Prozent des § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG von der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV) verdrängt.

Die vorliegenden BFH-Urteile sind aufgrund der zahlreichen offenen Altfälle bis VZ 2021 für die Praxis höchstrelevant. Denn danach ist die Escape-Klausel auch auf Währungskursverluste bei Gesellschafterdarlehen und darlehensähnlichen Gesellschafterforderungen in Fremdwährung grundsätzlich anwendbar, wenn der Fremdvergleich erfolgreich nachgewiesen wird. Dies zeigt auch das Urteil des FG Münster vom 20.02.2025 (Az. 10 K 764/22 K, „Drittstaaten-Fall“; Revision BFH I R 6/25) wonach im Fall einer in Deutschland ansässigen GmbH, die ihrer 100-prozentigen Tochter-AG mit Sitz in der Schweiz im Jahr 2015 zwei unbesicherte Darlehen in Schweizer Franken gewährt hatte, die im Jahr 2016 nach einer Teilrückzahlung der Darlehensbeträge entstandenen Währungskursverluste letztendlich keine Gewinnminderungen darstellten. Der für einen „Escape“ erforderliche Fremdvergleich war nach Ansicht des Finanzgerichts erfüllt, da die fehlende Besicherung ihrer Darlehen die GmbH durch einen Aufschlag auf den marktüblichen Zins kompensiert und zusätzlich die Fremdüblichkeit ihrer Darlehen durch eine externe Kreditwürdigkeitsanalyse ihrer schweizerischen Tochter-AG nachgewiesen hatte.