Schädlicher Beteiligungserwerb bei Organschaft
Für Übertragungen von Anteilen an Körperschaften, die eine wesentliche Änderung der Beteiligungsverhältnisse bewirken, ist die besondere Verlustabzugsregelung des § 8c KStG zu beachten. Werden innerhalb von fünf Jahren mittelbar oder unmittelbar mehr als 50 % der Anteile übertragen, sind danach bis zu diesem sog. schädlichen Beteiligungserwerb nicht ausgeglichene oder abgezogene negative Einkünfte („nicht genutzte Verluste“) vollständig nicht mehr abziehbar. Erfolgt der schädliche Beteiligungserwerb während des laufenden Wirtschaftsjahres, kann nach einschlägiger BFH-Rechtsprechung ein bis dahin erzielter Gewinn mit dem bisher noch nicht genutzten Verlust verrechnet werden.
Nicht geklärt ist allerdings die Frage, ob bei einem schädlichen Beteiligungserwerb einer gesamten Organschaftsstruktur eine unterjährige Verrechnung der Ergebnisse von Organträger und Organgesellschaft möglich ist. Das BMF-Schreiben vom 28.11.2017, Rz. 37 (BStBl. I 2017, 1645) sieht vor, die Verlustabzugsbeschränkung des § 8c KStG auf Ebene des Organträgers und auf Ebene der Organgesellschaft getrennt anzuwenden. Im Fall eines schädlichen Beteiligungserwerbs bei einem Organträger kommt es auch zu einem mittelbaren schädlichen Erwerb an der Organgesellschaft und deren noch nicht zugerechnetes negatives Organeinkommen unterliegt (für sich) der Abzugsbeschränkung des § 8c KStG. Das Finanzgericht Düsseldorf hatte in seinem Urteil vom 09.12.2024 (Az. 6 K 1772/20 K,G,F) Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
Im Streitfall bestand eine mehrstufige Organschaftsstruktur. Es wurden sodann unterjährig sämtliche Anteile an der ausländischen Muttergesellschaft der obersten deutschen Organträgerin an einen konzernfremden Erwerber veräußert. Dies stellte unstreitig einen schädlichen Beteiligungserwerb i.S.d. § 8c KStG dar. Das Finanzamt versagte für die bis zum Zeitpunkt dieses Erwerbs angefallenen Verluste der Organgesellschaften einen Abzug bzw. eine Verrechnung und rechnete lediglich die nach dem Stichtag entstandenen Verluste dem Organträger zu. Die begehrte unterjährige Ergebniskonsolidierung ließ das Finanzamt gestützt auf die Grundsätze des o.g. BMF-Schreibens nicht zu. Das Finanzgericht Düsseldorf sah dies anders.
Vor dem Hintergrund, dass die Frage des Zusammenwirkens der Verlustabzugsbeschränkungen des § 8c KStG (und des § 10a GewStG) mit der Einkommenszurechnung bei Organschaft nach den §§ 14 ff. KStG im Gesetz weder zweifelsfrei geregelt noch vom BFH höchstrichterlich geklärt ist, sprach sich das Finanzgericht Düsseldorf dafür aus, den unterjährigen Verlust bis zum schädlichen Erwerb auch im Fall einer Organschaft zu berücksichtigen.
Denn die Verluste, die unter der alten Kontrolle und der alten wirtschaftlichen Identität der Gesellschaft entstanden sind, müssen aus dem Verlustwegfall ausgeklammert werden. Eine getrennte Anwendung der Verlustabzugsbeschränkung auf jeder Ebene der Organschaft würde dem Zweck der Norm widersprechen. Daher war nach Auffassung des Finanzgerichts im Streitfall der anteilige Verlust der Organgesellschaften bis zum schädlichen Erwerb vom Gesamtbetrag der Einkünfte des Organträgers abzuziehen. Dies gilt gleichermaßen auch auf Ebene der Gewerbesteuer.
Der zudem begehrte Anspruch auf Feststellung eines verbleibenden fortführungsgebundenen (hier: vororganschaftlichen) Verlustvortrags i.S.d. § 8d KStG bestand vorliegend mangels Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen hingegen nicht: Zum einen waren die betroffenen Organgesellschaften gleichzeitig auch Organträger, zum anderen lagen durch die Organträgereigenschaft mehrere Geschäftsbetriebe und damit nicht ausschließlich ein und derselbe Geschäftsbetrieb vor. Dieses Erfordernis wird im Übrigen äußerst streng ausgelegt und ist weder irgendwelchen Geringfügigkeitserwägungen noch verfassungsrechtlichen Einschränkungen zugänglich.